Das Häslein
Unterm Schrime, tief im Tann, 
 hab ich heut gelegen,       	  durch die schweren Zweige rann 
 reicher Sommerregen. 
 
 Plötzlich rauscht das nasse Gras – 
 stille! Nicht gemuckt! -: 
 Mir zur Seite duckt 
 sich ein junger Has –  
 
 Dummes Häschen, 
 bist du blind? 
 Hat dein Näschen 
 keinen Wind? 
 
 Doch das Häschen, unbewegt, 
 nutzt, was ihm beschieden, 
 Ohren, weit zurückgelegt, 
 Miene, schlau zufrieden.  
 Ohne Atem lieg ich fast, 
 laß die Mücken sitzen; 
 still besieht mein kleiner Gast 
 meine Stiefelspitzen. 
 
 Um uns beide  - tropf - tropf - tropf – 
 traut eintönig Rauschen... 
 Auf dem Schirmdach  - klopf - klopf - klopf... 
 Und wir lauschen... lauschen... 
 
 Wunderwürzig kommt ein Duft 
 durch den Wald geflogen; 
 Häschen schnuppert in die Luft, 
 fühlt sich fortgezogen;  
 
 Schiebt gemächlich seitwärts, macht 
 Männchen aller Ecken... 
 Herzlich hab ich aufgelacht – 
 Ei, der wilde Schrecken! 
 
 (von Christian Morgenstern)  
 
        
        
        
        

